Verlag: Self-Publishing
ISBN: 978-1700523594
Softcover: 552 Seiten
Release: Oktober 2019
Genre: Contemporary, Drama, BDSM
Teil einer Reihe: München
1. Frei in seinen Fesseln
2. Das andere Ende der Brücke
© Klapptext, Zitat- und Coverrechte: Elisa Schwarz
Vorweg möchte ich mich noch ganz herzlich für das bereitgestellte Rezensionsexemplar bedanken.
Laut Gesetzgebung fällt dieser Beitrag dadurch unter „Werbung“!
Beschreibung:
„Kein Spielzeug, mein Partner.“
Mit diesen Worten stellt Felix Naurod seinen Sub im Club vor. Bill erkennt auf den ersten Blick, welche Ironie hinter den Worten steckt, denn der junge Mann zu Naurods Füßen ist mitnichten dessen gleichberechtigter Partner. Er ist Naurods Sklave. Sein Hund. Sein Eigentum. Mitleid drängt in Bill nach oben, denn obwohl Naurod und sein Partner das beiderseitige Einverständnis beteuern, wirkt der junge Mann zutiefst verstört. Bill ergreift die einzige Chance, an den Sklaven heranzukommen. Er nimmt Naurods Angebot an, sich den Sub für eine Session ausleihen zu dürfen. In dieser kurzen Zeit unter erschwerten Bedingungen erfährt er nicht nur den Namen des Mannes, sondern sieht ihm auch erstmals in die von Schmerz durchzogenen Augen. Zu dem Mitleid gesellen sich in diesem Moment an sein Herz gehende Gefühle.
Wird es Bill gelingen, Steffen von seinem Besitzer wegzulocken? Und wie würde es weitergehen? Steffen braucht Hilfe, keinen Dom und vor allem keinen Partner. Zumal Bill mit konditionierten Subs nichts anfangen kann.
Dieses Buch hat homoerotischen Inhalt und gehört zu der Reihe “München”, angesiedelt im Jahr 2008
Mein Eindruck:
BDSM-Romane fluten seit dem Erfolg von Shades of Grey den Markt. Viele davon spielen in einer Heile-Welt-Blase. Ganz nett, aber wo bleibt der Blick auf eine SM-Beziehung, die nicht so läuft, wie sie sollte, die außer Kontrolle geraten ist, auf die Schattenseiten des Spiels? Der Klapptext zu „Frei in seinen Fesseln“ lässt vermuten, dass diese Geschichte meilenweit von der oben genannten heilen Welt entfernt ist.
Das erste Aufeinandertreffen von Steffen und Bill erfolgt in einem Szene-Club, beide schon fix in ihren Rollen. Steffen als Sub eines anderen Doms und Bill, selbst dominant, als außenstehender Beobachter. Eigentlich ein ganz normales Bild, doch die Signale, die von dem Paar ausgehen, versetzen Bill in Alarmbereitschaft. Er gibt seinem unguten Gefühl nach und beginnt zu graben. Was er dann ans Tageslicht bringt, hat mich zutiefst erschüttert. Eine BDSM-Beziehung, die nichts mit Einvernehmlichkeit zu tun hat, manipulativ und nur auf das exzessive Ausleben eines krankhaften Sadismus ausgerichtet.
– Ich wollte das so! Habe den Vertrag unterzeichnet, der mich zum Sklaven machte. Mein Wille wurde gebrochen. Schneller, als ich aufbegehren konnte. Meine Fähigkeiten, rationale Entscheidungen zu treffen, wurde erstickt. – (S. 43)
Kaputtgespielt, so definiert Steffen sich selbst. Dieses „Ich wollte das so!“, die permanente Angst und willkürliche Grausamkeiten haben aus ihm eine leere Hülle gemacht, die nur noch reagiert. Ohne eigenen Antrieb, und vor allem ohne eigenen Willen. Welche Kraft es Steffen gekostet haben muss, aus seinem mentalen Käfig auszubrechen, ist kaum zu begreifen.
„Frei in seinen Fesseln“ ist keine Wohlfühl-Geschichte, sie fordert! Vor allem das erste Drittel hat mich aufgrund Steffens Verfassung und dem, was ihm vor dem Aufeinandertreffen mit Bill widerfahren ist, extrem mitgenommen. Steffen ist ein psychisches Wrack, ein durchsichtiger Schemen seines früheren Selbst. Sich des gebrochenen Mannes anzunehmen bedeutet einen langen, steinigen Weg mit unzähligen Rückschlägen, dessen sich Bill zu jeder Zeit bewusst ist. Dieser Realismus, mit dem Elisa Schwarz Bill ausgestattet hat, hat mir sehr gefallen. Er ist auch nicht der Allheilbringer, mit dem alles gut wird, denn auch Bill hat seine schwachen Momente, seine Zweifel, ob er dem ganzen jetzt und in Zukunft gewachsen ist – menschlich und für mich somit sehr authentisch. Alleine ist die Situation nicht zu bewältigen. Mit Geduld, einem stabilen Umfeld und Struktur schafft Bill lediglich die Basis, damit Steffen wieder lernt zu vertrauen. Ihre gemeinsamen Schritte in ein annähernd normales Leben werden von verschiedenen anderen Personen mitgetragen. Für mich ein weiterer Punkt, der die Geschichte sehr realistisch wirken lässt.
Die Love-Story der beiden beginnt sehr zurückhalten und erhält erst relativ spät mehr Raum, was für mich nur eine logische Konsequenz der Vorkommnisse ist. Ich fand es zudem wirklich grandios, dass die Autorin einen tiefen Einblick auf Steffens submissive Seite ermöglicht. Bei vielen anderen Geschichten wird man als Leser vor vollendete Tatsachen gestellt, ohne eine wirkliche Erklärung, was es für einen Sub emotional bedeutet, diese Veranlagung auszuleben. „Frei in seinen Fesseln“ beschreibt dagegen sehr schön, wie die Rädchen von Unterwerfung, Hingabe, Vertrauen und Macht ineinandergreifen.
Bei zwei Nebenfiguren hätte ich mir allerdings gewünscht, noch etwas mehr über deren weiteren Werdegang zu erfahren. Zum einen, welche Konsequenzen Felix Naurod schlussendlich für seine Übergriffe Steffen gegenüber zu erwarten hat, denn die, in der Erzählung erwähnten, finde ich in Anbetracht der Vorkommnisse einfach zu milde. Zum anderen Tobi, der in einem Nebenstrang doch einige Aufmerksamkeit erhält, für mich aber auch keinen richtigen Abschluss bekommt. Vielleicht der Beginn einer separaten Geschichte?
Trotz dieser zwei kleinen Anmerkungen ist „Frei in seine Fesseln“ für mich ein grandioser Ausflug in die Welt des BDSM. Weit weg von den gängigen Klischeebildern. Feinfühlig und mit sehr viel Tiefe erzählt Elisa Schwarz Steffens und Bills Zueinanderfinden. Es ist eine Reise durch tiefe Abgründe, aber auch voller Hoffnung. Fesselnd, schockierend, emotional dicht und eindringlich – ein Buch, das ich nicht missen möchte und welches ich definitiv zu meinen Jahreshighlights zähle. Von mir gibt es daher eine ausdrückliche Leseempfehlung!