Verlag: GedankenReich Verlag
ISBN: 978-3964437501
Softcover: 492 Seiten
Release: März 2020
Genre: Dark-Fantasy, Science-Fiction
Teil einer Reihe: –
© Klapptext, Zitat- und Coverrechte: GedankenReich Verlag
Vorweg möchte ich mich noch ganz herzlich für das bereitgestellte Rezensionsexemplar bedanken.
Laut Gesetzgebung fällt dieser Beitrag dadurch unter „Werbung“!
Beschreibung:
»Ist so etwas Unvollkommenes wie der Mensch dazu in der Lage, ein perfektes Wesen zu schaffen?«
Das Antlitz der Welt wurde durch Wissenschaft, Magie und die ewigen Mühlsteine der Zeit geformt – nichts ist vom Griff des Fortschritts unberührt geblieben.
Wolf ist in einem Zustand zwischen Mensch und Bestie gefangen, der innere Kampf zwischen Instinkt und Verstand bestimmt seinen Alltag. Als plötzlich eine junge Frau vom Himmel fällt und sich ihm nur als Babe vorstellt, ahnt er nicht, dass mehr als nur seine Freiheit auf dem Spiel steht. Durch eine körperlose Hackerin und einen düsteren Exorzisten verwischen die Grenzen zwischen Richtig und Falsch. Gemeinsam wagen sie sich viel zu nah an das Herz der Machthabenden und müssen sich fragen, was ihnen Vertrauen und Selbstbestimmung wert sind.
Im Kampf gegen ihre eigenen Ketten lenken sie den gierigen Blick des letzten Gesetzes auf sich – die Krone menschlichen Schaffens, Wesen aus lebender Technik und verdrehter Magie:
Die Engel.
Die Faszination düsterer Fantasy trifft mit derben Humor auf die Komplexität des Science Fiction.
Mein Eindruck:
Jede einzelne Geschichte, die E.F. v. Hainwald bis dato veröffentlicht hat, war für mich etwas ganz Besonderes. Es ist stets eine Überraschung, was einen in der jeweiligen Welt, im nächsten Kapitel, ja sogar auf der nächsten Seite, erwartet. Durch den Genre-Mix und die unkonventionellen Ideen des Autors entstehen Bücher, die anders sind und für mich deswegen immer absolutes Lesevergnügen bedeuten. „Second Horizon“ war somit schon vor dem Erscheinen ein Must-Read für mich.
Der erste Satz:
– »Engelverdammtes Drecksteil!«, grollte Wolf und trat mit voller Kraft gegen den Automaten. –
Wolf ist ein Einzelgänger. Mit Babe ist ihm aber sprichwörtlich jemand vor die Füße gefallen, der ihm in vielerlei Hinsicht ähnlich ist. Immer auf der Suche nach dem Kick des Verbotenen. So verbinden die beiden das Angenehme mit dem Nützlichen und bestreiten mit mehr oder weniger legalen „Arbeiten“ ihren Lebensunterhalt. Einer dieser Jobs verspricht nicht nur ein volles Cred-Konto, sondern könnte Wolf zusätzlich Antworten auf seinen Zustand geben. Was passiert allerdings, wenn man währenddessen auf etwas stößt, das unter allen Umständen im Verborgenen bleiben soll? Was passiert, wenn man dadurch die letzte Instanz auf den Plan ruft und sich somit mit sich selbst, und seiner eigenen Vergangenheit, konfrontiert sieht.
E.F. von Hainwald hat die Geschichte um Wolf und Babe, wie schon sein letztes Werk „Cyberempathy“, in der Zukunft angesetzt. Der Schwarm, eine Hochzivilisation, mit einer Struktur, die rein auf Optimierung ausgelegt ist, und dementsprechend fortschrittlicher Technologie, umspannt die Welt. Nebenher gibt es aber auch noch Möglichkeiten für die Menschen, die sich mit den vorgegebenen Standards nicht identifizieren können, oder arrangieren wollen, ihr Leben anderweitig zu gestalten. Die Co-Existenz dieser verschiedenen Lebensweisen funktioniert im Großen und Ganzen sehr gut, man profitiert sogar voneinander. Ich fand diesen Gesellschaftsentwurf ungemein spannend, da der Autor auf eine Klassifizierung zwischen gut und böse verzichtet.
Beim Stichwort „Magie“ war ich extrem neugierig, was mich erwartet und auch in diesem Punkt gräbt E.F. von Hainwald tief in der Ideenkiste. Die Magie, die sich in „Second Horizon“ findet, beruht auf der Anwendung von Runen. Der Wissenschaft ist es gelungen, die Kräfte, die seit jeher in der Erde verankert sind, und an die auch schon unsere Vorfahren geglaubt haben, nutzbar zu machen. Dieser Aspekt der Geschichte wurde so plausibel verpackt, dass sich mir die Frage stellte, ob das nicht wirklich möglich ist.
Mit Babe und Wolf hat die Geschichte von Anfang an zwei wahnsinnig starke Persönlichkeiten mit außergewöhnlichen Merkmalen. Wolf ist eine Mischung aus Mensch und Tier, immer im Kampf mit seiner animalischen Seite, und Babe verfügt über ein Skelett aus Stahl, welches durch cybermagische Runen zusätzlich verstärkt ist. Beide sind Einzelgänger, verschlossen und darauf bedacht, nur das Nötigste von sich preis zu geben, denn beide haben etwas hinter sich gelassen. Doch trotz ihres Freiheitsdrangs funktioniert die Freundschaft zwischen ihnen. Im Laufe der Geschichte gesellen sich noch zwei weitere Figuren zu Babe und Wolf, die den beiden in Punkto Präsenz in nichts nachstehen. Tonie, eine Hackerin, die sich nach Belieben im System bewegt und mit der E.F. von Hainwald, zu meiner großen Freude, einen offensichtlich queeren Charakter mit ins Spiel gebracht hat. Und Elian, seines Zeichens Exorzist, und mein persönlicher Favourit unter diesen vier wirklich starken Figuren.
Das Quartett hat in ihrem Tun eine Macht auf den Plan gerufen, der man nicht freiwillig entgegentritt und gegen die man nur verlieren kann. Vor allem Wolf und Babe müssen sich dadurch dem stellen, was sie seit Jahren zu vergessen versuchen. In ihrem Kampf um die persönliche Freiheit müssen sie Erfahrung machen, dass Freiheit und Unabhängigkeit in einem selbst beginnt.
– »Ich wäre ein Gefangener des Moments – ich könnte ihn nicht selbst wählen. Freiheit muss man wählen, in jedem Augenblick. « – (Pos. 5371)
„Second Horizon“ ist keine Geschichte für zwischendurch. Durch die Komplexität der Welt, und auch der Einzigartigkeit der Figuren, muss man sich darauf einlassen, offen sein, für nicht Alltägliches. Für mich war es gerade deswegen wieder ein grandioser Ausflug in eine Welt voller Überraschungen und dafür bekommt das neueste Werk aus der Feder von E.F. von Hainwald von mir einen mehr als verdienten Highlight-Status.