Unter den Hashtags #loveislovebeiamrun und #lgbtamrunverlag läuft momentan die LGBT-Verlagstour des Amrûn Verlags. Ziel ist es die Geschichten mit queeren Figuren sichtbarer zu machen. Für mich und meinen Blog war dieser Aufruf eine Steilvorlage und ich freue mich wahnsinnig, daran teilhaben zu dürfen. Und noch mehr freue ich mich, dass ich Sarah Stoffers, die Autorin von „Berlin – Rostiges Herz“, zu einem Live-Interview bereiterklärt hat. Es war wirklich sehr interessant und aufschlussreich für mich, und ich habe das kleine Geplauder aus dem Nähkästchen für euch 1:1 übernommen. Ihr könnt euch auf Einblicke hinter die Kulissen und Ausblicke in die Zukunft freuen – also, viel Spaß beim Nachlesen.
Yvonne:
Erstmal vielen Dank Sarah, dass du dir die Zeit für mich nimmst. Dadurch, dass ich letztes Jahr “Berlin – Rostiges Herz” zu meinen Highlights gezählt habe, weiß ich, mit wem ich es zu tun habe. Würdest du dich aber bitte trotzdem für diejenigen, die dich noch nicht auf dem Schirm haben, kurz vorstellen?
Sarah:
Vielen Dank für das liebe Kompliment. Ich bin Sarah Stoffers und schreibe History, Fantasy und Science Fiction. Gerne mit Magie und Geheimnissen. Ich bin 38 Jahre alt, lebe in Hamburg, spiele Pen and Paper und stricke dabei. Mag die 20er Jahre und umarme manchmal Bäume.
Yvonne:
“Berlin” ist ja auch voll von Magie und Geheimnissen. Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, den Steampunkt mit einer dystopischen Zukunft zu kombinieren? Die Bücher, die ich bis jetzt in dem Genre gelesen habe, sind meist in der Viktorianischen Zeit angesiedelt.
Sarah:
Ich habe lange überlegt, ob ich das machen kann, denn eigentlich widersprechen sich Zukunft und Vergangenheit ja. Aber Steampunk ist trotz des viktorianischen Flairs ein Subgenre der Science Fiction. Und ich fand die Idee spannend, dass sich die Geschichte wiederholt und es gleichzeitig ganz viele Abweichungen gibt. Also einerseits Zeppeline, aber andererseits auch Magie und saubere Energie. Frack und Zylinder, aber auch eine Gleichberechtigung der Geschlechter.
Yvonne:
Ich finde, es passt perfekt! Was aber wahrscheinlich auch an dem genialen Worldbuilding und der Liebe zum Detail liegt, weshalb mich das Buch auch so begeistert hat. Ich bin mir sogar sicher, wenn denn mal ein Re-Read ansteht, dass ich noch viele weitere Feinheiten entdecke, die mir beim ersten Mal durch die Lappen gegangen sind. Wie lange hast du darüber gebrütet, bis diese Welt spruchreif war und den Weg aufs Papier gefunden hat?
Sarah:
Vielen Dank, das ist sehr lieb. Der Weltenbau ist anfangs in Gesprächen im Freundeskreis entstanden. Ich habe ihnen meine Grundideen vorgestellt, um zu gucken, ob sie funktionieren. Das Aussprechen und Diskutieren fand ich sehr hilfreich. Es gab teils Einwände, teils neue Ideen. Ich hatte zum Beispiel lange überlegt, welche Stadt ich nehmen will. Dabei ist das grobe Gerüst entstanden. Über ein paar Eckpunkte, wie das politische System, den Stand der Technik, die Art der Magie usw. habe ich mir vor dem Schreiben Gedanken gemacht und das hat vielleicht ein paar Monate gedauert. Vieles davon fällt im Roman kaum auf, aber ich muss ungefähr wissen, wie meine Welt funktioniert. Und viele kleine Details sind dann unterwegs beim Schreiben entstanden. Also so etwas wie Snacks auf der Straße, Werbesprüche oder Kinderreime.
Yvonne:
Wow … also gar nicht mal soooo lange. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie so ein Setting entsteht. War es eigentlich von vorne herein geplant, dass Diversität und Queerness mit in die Geschichte einfließen?
Sarah:
Ich habe die Grundidee vorher Jahre lang mit mir rumgetragen, aber als die erst einmal feststand, zog das den Rest so nach sich. Und ich wusste, dass ich eine queere Heldin wollte. Mathilda ist aus meinen eigenen Wunsch nach mehr Repräsentation entstanden. Ich bin nichtbinär und homosexuell und wünschte mir einfach mehr Held:Innen, die einfach so queer sind, ohne, dass es das Hauptthema der Geschichte ist. Beim Weltenbau hatte ich mir zum ersten Mal Gedanken darüber gemacht, ob es wohl eine vornehmliche weiße Gesellschaft sein wird – und das erschien mir weder logisch, noch erstrebenswert. Das hat aber natürlich die Frage aufgeworfen, was es als weiße Autorin bedeutet, BPoC Figuren zu schreiben.
Yvonne:
Die leidige Frage, ob nur Own-Voice Autor*innen über ein bestimmtes Thema schreiben dürfen, geistert ja immer wieder durch das Netz. Ich finde jeder sollte alles schreiben, die Recherche ist da der große Knackpunkt. wie es scheint, hast du alles richtig gemacht. “Berlin – Rostiges Herz” hat sich schließlich drei Monate lang unter den ersten 10 der Phantastik-Bestenliste gehalten. Hast du damit gerechnet, dass die Geschichte so einschlägt?
Sarah:
Ich habe schon das Gefühl, dass ich eine Verantwortung habe, möglichst gute Repräsentation zu schreiben. Und am Anfang habe ich sehr gezweifelt, ob ich das kann. Aber die Alternative wäre immer nur weiße Hauptfiguren zu schreiben und das wollte ich nicht. Die Platzierung auf der Phantastik Bestenliste war tatsächlich eine sehr schöne Bestätigung. Ich habe heimlich gehofft, dass ich es vielleicht mal drauf schaffe. Und war glücklich, dass es gleich drei Mal geklappt hat. Das ist als Neuling ja nicht selbstverständlich
Yvonne:
Verantwortung, ja, aber von vorne herein Themen aufgrund der eigenen Konstitution auszuschließen finde ich schade und das Buch wäre nicht das, was es jetzt ist.
Da wir ja schon bei den verschiedenen Figuren in der Story sind, gibt es eine, die dir besonders am Herzen liegt? Ich persönlich mag Mathilda sehr, finde aber Ling mit ihrer Undurchsichtigkeit auch absolut spannend.
Sarah:
Mathilda ist ein bisschen die Figur, die ich gerne als gute Freundin oder Schwester hätte. Sie liegt mir sehr am Herzen, hat aber nicht so viele Geheimnisse wie Ling oder so viele Fehler wie Fidelio. Den mag ich beim Schreiben gerne, weil er sich noch in verschiedene Richtungen entwickeln kann und manchmal einfach dumme Entscheidungen trifft. Ling und ihre Geheimnisse werden im nächsten Buch eine etwas größere Rolle spielen. Und ich bin insgeheim überzeugt, dass meine Nebenfiguren eigene Abenteuer erleben, wenn ich gerade nicht hingucke.
Yvonne:
Fidelio hat sich ja schon in der “Berlin – Rostiges Herz” extrem weiterentwickelt, und nach deiner Aussage, dass es ein nächstes Buch geben wird, bin ich wahnsinnig gespannt, wohin die Reise geht. Mit der Info hast du mir übrigens meine Schlussfrage geklaut! ^^°
Dass etwas kommen wird steht also schon mal fest, gibt es schon einen groben Fahrplan wann?
Sarah:
Entschuldige bitte, der Diebstahl bot sich gerade so an, weil Ling uns ja im „Rostigen Herzen“ mit ein paar offenen Fragen sitzen gelassen hat.
Ja, es gibt einen groben Fahrplan. Wir peilen das Frühjahr 2021 an, wobei die Situation mit Covid 19 immer ein bisschen eine Rolle spielt. Ich schreibe gerade das Finale und bin sehr gespannt auf das Lektorat. Und mindestens genauso sehr auf ersten Rückmeldungen der Leser:innen. Gerade, weil es eben doch ein paar Handlungsstränge gibt, die ich aus dem ersten Band mitgenommen habe. Lings Vergangenheit holt uns zum Beispiel ein. Fidelio hat ja eine neue Verantwortung übernommen und außerhalb von Berlin gibt es einen ganzen Kontinent, den wir noch nicht kennen. Ich möchte zumindest einen Ausschnitt davon zeigen und ich hoffe, dass ich den Erwartungen gerecht werden kann.
Yvonne:
Sehr, sehr cool! Mich hast du damit schon am Haken und ich denke viele andere Leser*innen werden dem Folgeband ebenso entgegenfiebern.
Ich finde, der Ausblick auf eine Rückkehr in die Welt der Rostfresser und Fingerschnipser ist ein guter Abschluss für ein Interview.
Deswegen vielen Dank Sarah, dass du dir die Zeit genommen hast, um meine Neugier zu befriedigen. Vielleicht schaffen wir es ja, das Ganze zu wiederholen, wenn ich Mathilda, Fidelio und Ling einen erneuten Besuch abgestattet habe.
Sarah:
Vielen Dank für das Interview. Ich freue mich sehr über diese Aktion. Und bin gespannt darauf, wie dir der zweite Band gefällt.
Ich persönlich freu mich schon wahnsinnig darauf, wieder zu Mathilda, Fidelio und Ling zurückzukehren. Geht es denjenigen unter euch, die das Buch schon gelesen haben, auch so? Für alle anderen, die diese wundervolle Geschichte noch nicht kennen und jetzt neugierig sind, habe ich hier nochmal den Klapptext.
“Sie war das eine Mädchen, das ich nicht haben konnte, und das seit vielen Jahren schon.”
Berlin, die rastlose Stadt am Meer. Hier ragen die Türme der Zauberer bis in den Himmel. Im Schein der Glühlichter werden rauschende Partys gefeiert. Zucker wird in Gold aufgewogen und die Geheimpolizei wacht über den zerbrechlichen Frieden zwischen Zauberern und Erfindern.
Die Erfinderin Mathilda liebt ausgerechnet Rosa, die Tochter des magischen Großmeisters von Berlin. Genau wie der Zauberlehrling Fidelio. Beide wollen Rosa auf deren Geburtstagsparty ihre Gefühle gestehen, doch sie sind nicht die einzigen mit Plänen für den Abend. Ein Mörder hat sich unter die Gäste gemischt. Die Erfinder planen eine Rebellion gegen die Zauberer. Und tief unter der Stadt liegt ein uraltes Geheimnis verborgen.
Eine Reise in ein dystopisches Berlin für alle Freunde von magischem Steampunk und LGBT-Geschichten.
© Amrûn Verlag